Author Archives: trenczek

Vernunft und Anstand

Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Alles, was an Recht, Vernunft, Wissen, Toleranz und demokratischer Ordnung über Aufklärung und lange Zeit mühsam entwickelt und erschaffen wurde, wird von Despoten, Autokraten, Antidemokraten, Oligarchen und anderen wahnsinnigen Egomanen verachtet und zerstört. Aber auch im Inland agitieren rechte wie linke Populisten und wollen zurückdrehen, was in den letzten Jahren als zukunftssichernde Investitionen und gesellschaftspolitische Erfolge geschaffen wurde (z.B. Kohleausstieg und Energiewende, Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, Selbstbestimmungsgesetz). Rassismus und Antisemitismus ist wieder salonfähig. Dummes Gerede, durch nicht belegte Meinungen und Emotionen, gefühlte Halbwahrheiten und „alternative Fakten“ (Lügen, kontrafaktische Behauptungen) scheinen auch im politisch-öffentlichen Diskurs wissenschaftsbasierte Fakten und rationale Argumentation hinfällig zu machen. Nicht nur die rechtsstaatlich-demokratischen Errungenschaften, die Europäische Friedensordnung und die sog. regelbasierte Ordnung des Völkerrechts sind in Gefahr, auch das gesellschaftliche Leben und Miteinander in Deutschland und Europa wird insb. durch rechts- wie linksextremistische Parteien und Bewegungen Stück für Stück zersetzt. Dummheit und Bosheit schämt sich nicht (mehr). Aufklärung, Vernunft und Rationalität ebenso wie Rücksichtnahme und Solidarität scheinen immer weniger Konjunktur zu haben. Diese Beobachtungen und das damit einhergehende (bedrohliche) Gefühl macht viele zornig, aber lässt mitunter auch einige verzweifeln. „Es ist so viel Unsinn in der Welt, man kann nicht alles löschen“ kommentiert Johan Schloemann in einem sehr lesenswerten Beitrag für die Süddeutsche Zeitung vom 21.01.2025 und fügt hierzu: Im Kampf gegen Niedertracht hilft vor allem: Anstand.

Alles, was an Recht, Vernunft, Wissen, Toleranz und demokratischer Ordnung mühsam aufgebaut wurde über lange Zeit, werde nun zusammengetreten. Das Gefühl macht kleinlaut, verzagt, es versetzt viele in Starre. … Man muss vielmehr aus dieser entrüsteten und defensiven Haltung herauskommen, andernfalls sind die kommenden Jahre nicht auszuhalten, weder mental noch politisch. Denn selbst unter vollem Einsatz der Faktenchecker-Truppen ist ja immer noch recht viel Unsinn in der Welt. Das kann man nicht alles löschen. Dem kann man sich nur entgegensetzen in ebenjenem anstrengenden, wirklich schützenswerten Raum der Meinungsfreiheit in offenen Gesellschaften, den man, so gut es denn geht, mit Zivilität, Kritik und Beherrschtheit füttern muss. … Das heißt: argumentieren, sich kundig machen. … Bei den Tatsachen bleiben, an die Kraft der Aufklärung im Kleinen glauben. Die politischen und ökonomischen Motive hinter den Parolen freilegen. Wachsam gegenüber Extremisten bleiben, aber nicht überall nur teuflische Verführung sehen, sondern um Pläne und Konzepte streiten. Nicht alle Probleme zur selben großen Krise erklären. Und den Mist zwischendurch ausschalten, um sich ihm gestärkt wieder stellen zu können. Niemandem ist der regelmäßige Rückzug ins Private zu verdenken, wenn jetzt wieder vier Jahre mit Trump im Weißen Haus (und mit Alice Weidel im Bundestag) bevorstehen. Pausen braucht jeder, aber sie dürfen nicht zur dauerhaften Lähmung der liberalen Mitte führen, die die Provokateure genau so beabsichtigen.

Man kann einwenden, dass das furchtbar naiv klingt. Auch angesichts der ungeheuerlichen Wucht der Anfeindungen und Drohungen, die viele im Netz und auf der Straße erleiden. Aber was bleibt denn sonst übrig? Es kann nicht darum gehen, den Kopf in den Sand zu stecken oder alles hinzunehmen. Die besten Filter aber sind wir Menschen selbst, der Anstand, den wir leben. Wenn Dummheit und Niedertracht drohen Land zu gewinnen, dann ist das erste und vielleicht auch das letzte Mittel, das man gemeinsam dagegen hat: anders sein.

Dieser Beitrag ist es nicht nur Wert verlinkt, sondern ausführlich zitiert und gelesen zu werden.

Vgl. auch

 

 

Restorative Justice, Mediation und TOA

Die Idee einer Restorative Justice wird in Deutschland in seinen Wesensmerkmalen (Opferperspektive/Wiedergutmachung, aktive Teilhabe/Partizipation, Gemeinwesenansatz) nur ansatzweise umgesetzt. Im Wesentlichen geht es hier zu Lande um die bilaterale Konfliktvermittlung in strafrechtlichen Konflikten zugunsten eines sog. Täter-Opfer-Ausgleiches. Es ist deshalb erforderlich, dass die Begriffe/Konzepte „Restorative Justice“, „Mediation“ sowie „Täter-Opfer-Ausgleich“ geklärt, die Unterschiede verstanden und die gesetzlich normierten, fachlichen Mindeststandards der Vermittlung in strafrechtlich relevanten Konflikten eingehalten werden (vgl. die nchfolgende Lesehilfe sowie das Glossar). In der letzten Zeit sind hierzu einige Beiträge von Thomas Trenczek erschienen:

  • Restorative Justice und Mediation im Strafrecht, Konfliktdynamik 14(1), 2025, 14-19 [DOI: 10.5771/2193-0147-2025-1-14]
  • Restorative Justice, Mediation und Täter-Opfer-Ausgleich – Konzeptionelle Unterschiede und fachliche Standards; in: TOA-Servicebüro ds DBH-Fachverband (Hrsg.) Miteinander in Verbindung treten; Köln 2024, 114-132
  • Vermittlung strafrechtlich relevanter Konflikte – Gesetzliche Mindest- und fachliche Qualitätsstandards; TOA-Magazin 2/2024, S. 4 – 8.
  • Restorative Justice – (strafrechtliche) Konflikte und ihre Regelung; in AKKrimSoz (Hrsg.): Kriminologie und Soziale Arbeit; Juventa, Weinheim, 2. Aufl. 2022, 191 – 209
  • Mediation in strafrechtlichen Konflikten und das Mediationsgesetz, TOA-Magazin [ISSN 2197-5965] Nr. 02/2022, 45-48.

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Presse und Medien – Auswahl interessanter Beiträge

Neben den wissenschaftlichen Fachpublikationen empfehle ich zur Informationsbeschaffung nicht die vermeintlich „Sozialen“ (es sind nur) digitale Medien, sondern ausschließlich die fachlich geprüften Portale von Fach- und Wissenschaftsverbänden (hierzu siehe → hier) und im Übrigen die Lektüre von Qualitätsmedien des seriös arbeitenden Journalismus, wie z.B.

Die nachfolgenden Links verweisen auf einige besonders interessante Beiträge und Diskussionen zu Gesellschaft, Politik und Recht und weitere Themenfelder:

Politik & Gesellschaft

Öffentliches Recht – Verfassungsrecht – Völkerrecht

Strafrecht & Kriminologie

Erziehungswissenschaft – Soziale Arbeit – Kinder- und Jugendhilfe

  • Wie Kinder den Umgang mit Handys lernen SZ. v. 14.04.2025: Was können Eltern ganz praktisch tun, um ihre Kinder vor negativen Auswirkungen der Handynutzung zu schützen? Sieben Tipps von Experten.

  • Vorsicht Hirn-Abfluss (Brain-Drain). SZ v. 16.04.2025: Was haben Handys an Schulen verloren? Wissenschaftler sprechen von einer neurobiologischen Überforderung und verlangen von der Politik, Lehrer nicht mit der Entscheidung über ein Handyverbot alleinzulassen. … Bildungsforscher Klaus Zierer hat eine klare Empfehlung für die Handynutzung an Schulen: Jugendlichen von der elften Klasse an sollte 30 Minuten betreute Medienzeit am Nachmittag in der Schule erlaubt sein. Ansonsten rät auch er zum Handyverbot. Zumal Studien zeigten, dass das Wohlbefinden der Schüler in der Schule mit einem solchen Verbot steige. Und die schulische Leistung ohnehin.

Datenschutz

Streiflicht-Glossen der Süddeutschen Zeitung

Diese Aufstellung wird regelmäßig aktualisiert/ergänzt.

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Bundestagswahl 23.02.2025

Die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag findet am 23. Februar 2025 statt.
Für mich gute Gründe, Grün zu wählen: eine auf demokratische Werte und (wissenschaftlich überprüfbare) Vernunft basierte, klar am Grundgesetz und der EMRK ausgerichtete

  • Rechts- und Innenpolitik (Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Bürgerrechte, …)Datei:Bündnis 90 - Die Grünen Logo.svg
  • Klima- und Verkehrspolitik
  • Europa- und Außen- und Sicherheitspolitik
  • Bildungspolitik und
  • Politik für mehr soziale und Generationen-Gerechtigkeit

Das Partei- und Wahlprogramm des Grünen basiert nicht auf einer Klientelpolitik, sondern insb. in den o.g. Politikfeldern weit stärker als bei den anderen Parteien auf wissenschaftlicher Erkenntnis und vernüftiger Abwägung. Zudem ist Bündnis 90/Die Grünen die einzige Partei, die auf die Gemeinsamkeiten und die notwendige Koalitionsbereitschaft der demokratischen Parteien zum Schutz der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit betont.

Alles Weitere nachzulesen im → Wahlprogramm der Grünen zur Bundestagswahl 2025. 

Die „Ampel“ und Robert Habeck mögen in den letzten 3 Jahren nicht alles richtig gemacht haben, ihr Ruf wird aber schlechter gemacht als es ihre Leistungsbilanz verdient zumal diese im Hinblick auf die o.g. Ziele und Bereiche deutlich besser ist als die 16 Jahre Stillstand in der großen Koalition zuvor. Viele der aktuellen Herausforderungen sind auf die falschen Prioritäten (insb. mangelnde Investitionen), Partnerschaften und Rücksichtsnahmen (insb. auf die Diktaturen in Russland und China) zurückzuführen. Wir sind den Herausforderungen unserer Zeit aber nicht einfach ausgeliefert, sondern können sie mit Zuversicht angehen und bestehen. Wenn wir neue Kraft finden und sie gemeinsam und solidarisch nutzen. Es braucht Vernunft, Tatkraft und Solidarität – vor allem, wenn uns die Wirklichkeit viel abverlangt. Die Zeiten für Unentschlossenheit sind vorbei.

Wir haben die Wahl!

Gehen Sie zur Wahl oder nutzen Sie ihr Wahlrecht mit der Briefwahl! Gegen Hass und Hetze, mehr Vernunft und Respekt! Für eine auf Rationalität und Solidarität basierende Politik, für eine klar am Grundgesetz ausgerichtete Rechts- und Innenpolitik (Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Bürgerrechte, …), für mehr soziale und Generationen-Gerechtigkeit, Klima- und Umweltschutz, für ein sicheres, starkes und friedliches Europa! Ich wähle GRÜN.

Beeindruckend und eine Sternstunde des deutschen Parlamentarismus ist die Rede von Robert Habeck am 16.12.2024, nicht nur rethorisch, scharfe Analyse und konsequentes Handlungsprogramm, Mut machend gegen Lethargie und Rückzug, …  (ebenso seine Rede zur Kanzlerkandidatur auf der Bundesdelegiertenkonferenz B’90/Grüne am 17.11.2024).

Prof. Trenczek ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen.

Lehrbuch Strafrecht & Soziale Arbeit in neuer Auflage erschienen

Strafrecht und Soziale Arbeit – fundiert und sozialwissenschaftlich begründet!

Das Lehrbuch gibt einen rechtsdogmatisch fundierten und sozialwissenschaftlich begründeten Überblick über die Grundlagen und wesentlichen Themen des materiellen Strafrechts und des Strafverfahrensrechts, inklusive des Jugendstrafrechts sowie der Alternativen einer Restorative Justice.
Es richtet sich an Studierende und an Praktiker der Sozialen Arbeit, unter anderem an Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Mediatoren, forensische Psychiater und Tätige in Justizvollzugsanstalten.
Das materielle Straf- wie Verfahrensrecht wird ausführlich beschrieben, so dass Prozesse und Strukturen des Strafrechts grundlegend verstanden und zur Anwendung gebracht werden können. Darüber hinaus bietet das Lehrbuch auch für Jura-Studierende und Strafrechts-Praktiker eine Einführung in das strafrechtliche Denken und liefert gleichzeitig sozialwissenschaftlich-kriminologische Einblicke zur Anwendung und Praxis des Strafrechts. Ein umfassendes Stichwortverzeichnis rundet den Band ab. Continue reading

Handbuch Jugendkriminalität, Jugendhilfe und Strafverfahren – Neuauflage erschienen

2024 ist im Boorberg-Verlag die 2. Auflage des Handbuchs Jugendkriminalität, Jugendhilfe und Strafverfahren – Sozialwissenschaftlich-kriminologische Grundlagen und rechtliche Regelungen (SGB VIII und JGG) erschienen, in dem fachübergreifend die sozialwissenschaftlich-kriminologische und die juristische Perspektive für die unterschiedlichen am Jugendstrafverfahren beteiligten Berufsgruppen und Professionen verknüpft werden. Alle für das Arbeits- und Kooperationsfeld Jugendhilfe und (Straf-)Justiz wichtigen Regelungen, insbesondere zur Mitwirkung der Jugendhilfe nach den sozialrechtlichen Vorschriften (SGB VIII) sowie die korrespondierenden Regelungen der jugendstrafrechtlichen Sozialkontrolle (JGG, StPO, GVG), werden praxisbezogen kommentiert.

Das Handbuch bereitet im sozialwissenschaftlich-kriminologischen Teil I die wesentlichen Erkenntnisse über »die« Jugendkriminalität und die jugendrechtliche Sozialkontrolle auf. Grundlage ist eine umfassende Recherche der relevanten wissenschaftlichen Quellen im deutschsprachigen und internationalen Raum. Im Teil II werden die rechtlichen Grundlagen sowohl des Jugend-/Sozialrechts wie auch des (Jugend-)Strafrechts detailliert erläutert. Mit diesem umfassenden Kompendium steht eine interdisziplinär verankerte und den fachlichen Standards entsprechende Orientierungshilfe für die tägliche Praxis zur Verfügung.

→  Inhalt und Leseprobe [PDF-Datei] Continue reading